Eine mittelalterliche Feste auf der Keudelskuppe

Von Anton Fick

Frhr. V. Wintzingeroda hält es für möglich, dass eine mittelalterliche Burg auf der bei Keudelstein gelegenen Keudelskuppe gestanden und den Namen Plesse geführt haben soll. Das Volk behauptet es, und die umherliegenden Steinbrocken scheinen ihm (dem Volke) recht zu geben2. Durch Grabungen wurde tatsächlich erwiesen, dass die Keudelskuppe von einem festen Hause gekrönt wurde, das von eirunder Form und mit einer Vorburg versehen war. Nach den Grundmauern des Palas zu urteilen, war das Haus aus Fachwerk hergestellt, jedoch durch die schroffe Höhe geschützt, wie selten eine Burg. Die Maße des Palas konnten mit 9,12 m x 7,50 m festgestellt werden. Vier Kellerräume waren durch Grundmauern, die direkt auf Felsen ruhten, noch markiert. Unter den Funden befanden sich ein Teil einer Bronce-Walkbüchse und viele, aus rotem Ton gebrannte Tassen- und Topfstücke, desgl. 5-6 cm dicke Rand-, Bauch- und Fußstücke von einem großen tönernen Taufkump oder Wasserbehälter, welche innen weiß und nach außen braun glasiert waren. Ebensolche glasierte Tonstücke wurden auf der alten Gaufeste Bückeburg bei Obernkirchen im Kreise Rinteln freigelegt. Außerdem wurden ein Tonspinnwirtel und ein Bleispinnwirtel gefunden, welche im Schlosse Keudelstein aufbewahrt werden3. In einer Urkunde aus dem Jahre 1559 im Pfännerarchiv zu Allendorf heißt es: „... die Bramborg, itzt der Keudelstein genannt.4 Burgen, deren Name das Grundwort „-burg“ enthält, sind älteren Ursprunges als diejenigen mit „-stein“ oder „-fels“. Der Name Bramborg kann also auf eine frühgeschichtliche Fliehburg oder auf eine sehr alte Befestigungsanlage hindeuten5. Die Keudelskuppe überragt mit ihren 484m die benachbarten Berge im 50 bis 100m und ist 50m höher als der Hülfensberg. Sie bietet eine hervorragende Fernsicht und ist aus großen Fernen zu sehen.

Anton Fick
(in: "Schloß Bischofsein im Eichsfelde, I. Teil. Bis zum Jahre 1360, Duderstadt: 1960.)

2) Wüstungen des Eichsf, nr 71, S. 137
3) Fr. W. Mosebach in der Beilage „Aus der Heimat“ zur Heiligenstädter Ztg. vom 1. September 1906, Eichsfeld. Heimatbote Nr. 8 vom 11.4.1942
4) Wanfrieder Gehölze, v. A. Reccius, Werratal 1928, S. 50
5) Ob die Bramburg unweit Göttingen jemals den Herren von Plesse zu eigen war, konnte nicht ermittelt werden. Urkundlich scheint darüber nichts bekannt zu sein, wie aus einer Buchbesprechung durch Karl Bretthauer im Werraland 4/58, S. 62 zu entnehmen ist. Sollte es aber doch der Fall gewesen sein, so hätte Gottschalk von Plesse, dem Schloss Steyn um 1251/52 zur Bewachung anvertraut wurde, zwei Stützpunkte im Amte Bischofstein, mit Namen aus seiner Heimat, Plesse und Bramborg benannt.