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Keudelskuppe und Keudelstein
Von Rudolf Linge
Wandert man vom Hülfensberg eine halbe Stunde nach Nordosten, so gelangt man zum dem ehemaligen Gut Keudelstein. Oberhalb desselben liegt auf einem bewaldeten Bergvorsprung die Keudelskuppe. Die Aussischt, die man hier oben auf das Werratal und das Eichsfeld genießt, ist herrlich. Nach der Überlieferung, die sich im Volk erhalten hat, stand in alter Zeit auf der Kuppe eine Burg, auf der die Ritter von Keudel hausten. Nachgrabungen, die hier gemacht wurden, haben dann auch diese Überlieferung bestätigt. Später verließen die von Keudel ihren Sitz und siedelten in das am Fuße der Keudelskuppe erbaute Schloss Keudelstein über. Mit dem im Jahre 1792 erfolgten Tod des Walrab von Keudel starb die keudelsteinsche Linie des Geschlechtes aus. Kurmainz nahm das erledigte Lehen in Besitz und zwar, wie der Volksmund erzählt, auf folgende eigentümliche Weise:
Sage I
Kaum hatte der von Keudel die Augen für immer geschlossen, so erschien der kurmainzische Richter Löffler auf dem Keudelstein und nahm die Schlüssel an sich. Sodann ließ er von den Ecken des Herrenhauses Späne abhauen und verbrennen, worauf er die Asche eigenhändig auf dem Gutshof ausstreute. Er war soeben damit fertig geworden, als der namensverwandte Herr von Keudel aus Schwebda, der die Kunde vom Ableben Walrabs durch einen Mann aus Döringsdorf erfahren hatte, erschien, um das Besitztum für sich zu erlangen. Doch er kam zu spät und musste unverrichteter Sache wieder abziehen.
Sage II
Vom Keudelstein erzählt man sich noch folgende Sage:
Ein Herr von Keudelstein führte ein sehr lasterhaftes Leben, bedrückte seine Untergebenen und entzog ihnen den sauer verdienten Arbeitslohn. Eines Tages bat ein Höriger, der eine zahlreiche Familie besaß, den Ritter um Auszahlung des fälligen Tageslohnes. Dieser wies den Familienvater mit harten Worten ab und versetzte ihm überdies noch einige Peitschenhiebe. Da verfluchte der Misshandelte seinen grausamen Herrn und sprach den Wunsch aus, dass der Ritter nach dem Tode im Grabe keine Ruhe finden sollte. Die Verwünschung erfüllte sich bald. Der Ritter starb eines jähen Todes und ging nach seiner Beerdigung allnächtlich auf dem Gutshof um. Die Leute fürchteten sich und niemand wollte mehr dort bleiben. Da rief man einen Pater vom Hülfensberg zu Hilfe. Dieser bannte den Geist und seitdem hat man von dem nächtlichen Störenfried weder etwas gesehen noch gehört.
Rudolf Linge
(in: "Der Hahn auf dem Kirchturm", Heiligenstadt: Cordier, 1978.)