Zeittafeln
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Keudelstein
Von Walter Rassow
Rittergut mit 51 Einwohnern, am Fuße der Keudelkuppe, 17,5 km südlich von Heiligenstadt. Es ist auch heute noch Sitz des adligen Geschlechts von Keudel, nachdem es zeitweise in anderen Händen war. Bereits 1351 ist Reinhard Keudel einer der Pfandbesitzer der Burg Bischofsstein. Einer seiner Nachkommen (Berlt Keudel), die bedeutenden Besitz im südlichen Teile des Burgbezirkes Bischofsstein hatten, baute auf dem Standorte des (1552 als Wüstung genannten) Dorfes Kubsdorf das Rittergut Keudelstein auf.
Auf der Keudelkuppe hat vor Erbauung des Rittergutes eine kleine Burg „Keudelstein“ gelegen. Der Burgplatz ist kürzlich wieder freigelegt. Es war ähnlich wie beim Rusteberge eine Vorburg vorhanden, die ganze Anlage hatte etwa eiförmigen Grundriss. Nach den schwachen Grundmauern zu schließen, war die Burg größtenteils in Fachwerk erbaut. Ein Saalbau konnte in den Abmessungen 9,12:7,50 festgestellt werden.
Der heutige, wohl zum Teil aus Steinen der alten Burg erbaute Rittergutshof besteht aus sehr stattlichen Wirtschaftsgebäuden und dem Wohnhause von 1669 an der Südseite des Gehöftes. Der alte Teil dieses sehr stattlichen Gebäudes (s. Abb. 228—230) bildet einen Winkel, an dessen westlichem Flügel heute ein Küchenanbau im Stile des Hauptgebäudes angegliedert ist. Das Untergeschoss ist massiv errichtet und geputzt, während die beiden Stockwerke zierlich in Fachwerk ausgebildet sind. Der Erker auf der Ecke ist in origineller Weise mittels zahlreicher Gesimsauskragungen über einer Dreiviertelsäule vorgebaut und war wohl früher durch ein Zeltdach abgeschlossen, an Stelle dessen jetzt nur ein formloses Notdach ans Hauptdach angeschleppt ist. Das im einspringenden Winkel belegene Portal (s. Abb. 231) ist von ziemlich grober Arbeit. Die Karyatiden, die beide die Sinnbilder der Gerechtigkeit in Händen halten, deuten vermutlich auf richterliche Funktionen des Erbauers hin. Die Wappen enthalten zur Linken ein Wolfseisen – von Keudel — und rechts eine Sichel – von Lüder. Unter der Mitte ein Christuskopf und 16 – 69. Das von zwei Putten gehaltene Flugband enthält die Inschrift: GEORG- SEBASTIAN V. KEUDEL SCHWEBDE – ANNA ELISABETHA V. LÃœTTER. In der Ecke ist jetzt ein jugendlicher bekränzter Bacchuskopf angebracht, der früher einer Figur auf steinernem Fasse über dem Kellereingange zugehört hat.
An einem Fenstersturze des Sockelgeschosses sind die Buchstaben V L zu lesen, sie bedeuten den Namen von Lestoque, eines französischen Würdenträgers, der seinerzeit von Jerome mit diesem Besitze belehnt wurde. Der Eingang führt zur Diele des Hauses, an der die Treppen zum Keller und zu den Obergeschossen belegen sind. In dieser Diele sind alte steinerne Kamine enthalten, deren gerade Sturze von Konsolen und zierlichen Säulen getragen werden. Die im Obergeschosse belegene Diele weist noch alten Gipsestrich auf; der hier angeordnete Kamin trägt die Jahreszahl 1671. Die Decke mit sichtbaren Balken ist mit Stuckprofilen geschmückt. In dem nach Norden gerichteten Flügelbau sind übereinander zwei Festsäle angeordnet. In dem des ersten Obergeschosses ruht die Balkendecke auf einem starken Unterzuge, der mit Brettern verkleidet ist, auf denen noch alte Malereien zu erkennen sind – Gestalten jagdbarer Tiere und dergleichen. Am Ende des Gebäudeflügels liegt ein Schenkraum, der mit dem Hauptsaale mittels einer Durchgabe verbunden ist. Die tiefen Fensterwände des Innern sind sorgfältig architektonisch ausgebildet. Am schönsten sind die Türflügel gestaltet: die Füllungen sind reich in Holzwerk eingelegt, die Muster ähnlich wie Abb. 232, die Beschläge sehr sorgfältig geschmiedet. Der Saal des Obergeschosses ist ähnlich, aber einfacher ausgebildet. Hier sind in den Türen (s. Abb. 232) laubsägeartige Muster ausgegründet. Unter dem heutigen Anstrich findet man noch die roten und gelben Farben, die ursprünglich vorhanden waren. Die Türen an den Dielen, sowie die Innenräume sind auch sorgfältig architektonisch bearbeitet.
Walter Rassow
(in: "Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Heiligenstadt". Halle a.d.S.: Hendel, 1909.)